›Mundzeug‹ & Schöpflöffel
Im 18. Jahrhundert lag auf dem Tisch keine Besteckgarnitur wie heute. Vielmehr führten Adlige und vermögende Bürger ihr persönliches ›Mundzeug‹ im Etui mit sich. Ursprünglich aus einer Gabel, einem Messer und einem Löffel bestehend, erfuhr es in Barock und Rokoko Erweiterungen: Die zweizinkige Gabel (zum Aufspießen) wurde durch eine drei- und später vierzinkige Gabel (als Schaufel) ergänzt; zum Esslöffel kamen Dessert- und Marklöffel hinzu.
Derartig repräsentative Bestecke zeigten den Status des Besitzers. Während der Bauer feste Speisen mit der Hand zum Munde führte, trug der Adlige seine soziale Dominanz durch raffinierte Tischsitten zur Schau: Er aß mit der Gabel.
Die hohe Wertschätzung von Besteck als Statussymbol zeigt sich insbesondere an dem klappbaren ›Mundzeug‹ mit kostbaren Perlmuttgriffen und rotem Lederetui, an dem ein Miniaturbildnis des ursprünglichen Besitzers angebracht ist (Nr. 1000). Hier wirkt das Besteck ähnlich wie Hochzeitsbestecke und Tauflöffel gedächtnisstiftend. Wegen des persönlichen Bezugs sowie dem materiellen und ideellen Wert wurde es oft von Generation zu Generation vererbt.
Auch Schöpflöffel oder -kellen wurden mit aufwendigen Gravuren verziert. Beliebt waren Ornamente, Darstellungen von Pflanzen und Tieren sowie Initialen der Besitzer.
Mundzeug & Schöpflöffel auf Gut Hohen Luckow
Literatur:
Laue, Kostbare Bestecke für die Kunstkammern Europas, München 2010
Heitmann/C. Boerner, Historische Bestecke aus der Sammlung des Museum für Kunst und Gewerbe Hamburg 2007
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Amme, Historische Bestecke. Formenwandel von der Altsteinzeit bis zur Moderne, Stuttgart 2002
Maquardt: Europäisches Essbesteck aus acht Jahrhunderten, Stuttgart 1997, S. 106. S. 220
Hoos, Messer, Gabel, Löffel, Ausstellung im Kunstgewerbemuseum Frankfurt, Frankfurt 1995
Amme, Bestecke. Die Egloffstein’sche Sammlung (15.−18. Jahrhundert) auf der Wartburg, Stuttgart 1994
Benker, Alte Bestecke. Ein Beitrag zur Geschichte der Tischkultur, München 1978
Seling, Die Kunst der Augsburger Goldschmiede 1529−1868, Meister, Marken, Beschauzeichen, München 2007
Rosenberg, Der Goldschmiede Merkzeichen, Frankfurt a. M. 1925
Hans Weber, Sterzinger Hornarbeiten, Holzkirchen (Selbstverlag) 2012